Studienblog

Führungsstile

Die Rolle der Führung

Führungskompetenzen werden als entscheidend für den Erfolg einer Gruppe bzw. eines Unternehmens bewertet. Oftmals wird die Führungskraft bzw. der Chef geradezu stilisiert. Millionen werden in die Personalentwicklung gesteckt, in der Hoffnung, dass Führungskräfte-Coachings sowie Seminare die Performanz der eigenen Führungskräfte verbessern. An dieser Stelle sei direkt gesagt, dass zahlreiche Forschungsarbeiten die Wichtigkeit der Führungskraft anzweifeln. In den meisten Fällen ist die Organisation und Struktur eines Unternehmens der entscheidende Faktor. Die Führungskraft selbst ist dabei weitestgehend austauschbar (Andersen, 2006). Trotzdem existiert eine große Menge an Literatur zum Thema Führung und Führungsstile.

Gibt es den optimalen Führungsstil?

Respond

Welcher Führungsstil der Optimale ist, ist weiterhin nicht bekannt. Forscher lassen sich am ehesten zur Aussage hinreißen, dass die flexible Führungskraft, die situationsbezogen die angebrachteste Handlungsweise wählt, die wahrscheinlich optimale Führungskraft sei.

Es mutet ein bisschen wie die Suche nach dem Heiligen Gral an. Auf Basis der Überbewertung der Rolle der Führungskraft haben sich bereits viele Forscher auf die Reise gemacht, den optimalen Führungsstil zu finden mit dem jedes Unternehmen, jede Organisation und gar jedes Sportteam zum Gewinner wird. Wie beim Heiligen Gral kann man sich allerdings gar nicht so sicher sein, dass es diesen einen optimalen Führungsstil, den Gral, gibt und nach aktuellen Stand der Forschung scheint die Führung eher der falsche Ort zu sein, um den entscheidenden Erfolgsfaktor für Unternehmen und Organisationen zu suchen.

Dass unterschiedliche Führungsstile existieren, hingegen ist sicher. Auch, dass manche Stile die Performance eines Teams bzw. die der Untergebenen nicht fördern und manchmal sogar verschlechtern, kann wohl ebenfalls als Gewissheit bewertet werden. Die Literatur ist voll von Führungsstilen, die es geben soll. So voll, dass man durchaus daran zweifelt, ob es wirklich so viele unterschiedliche Stile gibt und dass es zwischen den Stilen keine starken Überschneidungen geben soll.

Die Persönlichkeit und Führungsstile

Es existieren außerdem viele Hinweise darauf, dass die Persönlichkeit beeinflusst, welcher Führungsstil zum Einsatz kommt. Wir hätten auch wirklich gerne einen Test konzipiert, der berechnet, welcher Führungsstil zur jeweiligen Persönlichkeit am besten passt, allerdings ist die Datenlage nicht ausreichend. Neben der großen Anzahl an Studien zum Thema Führungsstil kommt nämlich hinzu, dass diese Forschung sehr unorganisiert ist. Statt sich auf wenige Führungsstile zu konzentrieren und diese soweit zu erforschen, dass man sich sicher über dessen Eigenschaften und Wirkungen sein kann, scheint man immer neue Führungsstile aus dem Hut gezaubert zu haben. So existieren zwar viele Studien, die Zusammenhänge zwischen der Persönlichkeit und dem jeweiligen Führungsstil geprüft haben und zum Schluss kommen, es existiert eine Wirkung der Persönlichkeit. Aufgrund fehlender Replikationen und Meta-Analysen ist die Datenlage allerdings zu schlecht, um einen Führungsstil-Test auf Basis der Persönlichkeit zu konzipieren.

Wie viele Führungsstile gibt es genau?

Wie viele Führungsstile tatsächlich existieren konnten wir nicht recherchieren. Sicher ist hingegen, es sind sehr viele! Glücklicherweise sind wir auf ein Forschungspaper gestoßen, welches eine intensive Literaturrecherche beinhaltet. Die Forschungsarbeit von Hassan, Asad und Hoshino (2016) hat 39 Führungsstile in der Literatur identifizieren können und es hätten sicherlich noch mehr sein können.

Wie erwähnt sind die meisten Führungsstile nicht einzigartig und es existieren oft Überschneidungen mit anderen Stilen. So konnten Hassan et al. (2016) die 39 Führungsstile fünf Kategorien zuordnen. Was die Stile der jeweiligen Kategorie ausmachen sowie ein paar Stilbeispiele, wollen wir euch jetzt vorstellen.

Die 5 Führungsstilkategorien und Beispiele

Die Beschreibungen der Stilkategorien stellen Tendenzen dar, die alle Führungsstile, die der jeweiligen Kategorie zugeordnet sind, aufweisen. Hierbei unterscheiden sich die Stile allerdings in der Ausprägungsstärke der Kennzeichen.

Führungsstilkategorie 1 – die instruierende Führung

Die Führungskraft gibt bei Stilen dieser Kategorie klare und eindeutige Instruktionen und definiert unmissverständlich, welche Ergebnisse er erwartet. Er wird als sehr distanziert seinen Untergebenen gegenüber wahrgenommen und er sorgt bzw. interessiert sich nur wenig für diese. Die Führungskraft entscheidet stets alleine, ohne seine Untergebenen um Rat zu bitten oder sie in den Entscheidungsprozess einzubinden. Den Untergebenen ist es nicht erlaubt selbstständig Entscheidungen zu treffen und die Führungskraft setzt keinerlei Fokus auf das persönliche sowie berufliche Wachstum der Angestellten. Diese sind entsprechend auch nur mittelstark motiviert, ihrer Arbeit nachzugehen. Spitze Hierarchien weisen in aller Regel einen Führungsstil dieser Kategorie auf.

Beispiel: Autoritärer Führungsstil

Zur den instruierenden Führungsstilen gehört der autoritäre Führungsstil. Diese Führung kennzeichnet sich durch einen sehr durchsetzungsstarken Chef aus. Der zwar einerseits durchaus seine Untergebenen unterstützt und bei Problemen ansprechbar ist, schließlich dürfen die Untergebenen nur wenig selbst entscheiden, allerdings ist er außerdem manipulativ und stark bevormundend.

Beispiel: Autokratische Führungsstil

Der autokratische Stil ist gewissermaßen eine urzeitliche Führungsform, die es heute in der westlichen Welt kaum noch gibt. Der autokratische Führer entscheidet diktatorisch. Er ist die klar dominierende Rolle und besitzt vollständig die Kontrolle über alles und jeden. Er baut keinerlei Beziehung zu seinen Untergebenen auf und bestraft diese bei Fehlern. Die autokratische Führungsform schlägt sich negativ auf die Motivation und Arbeitsleistung seiner Untergebenen aus. Dieser Führungsstil stellt wohl das Extrem dieser Stilkategorie dar.

Beispiel: Transaktionaler Führungsstil

Der transaktionale Führungsstil unterscheidet sich zwar stärker vom autokratischen und autoritären Führungsstil, trotzdem weisen sie klare Gemeinsamkeiten auf. Auch der transaktionale Führer instruiert seine Untergebenen sehr genau. Er beschreibt und gibt vor, was getan werden muss, damit ein Vorgang, eine Transaktion, erfolgreich ist. Er benennt klare Standards und prüft die Einhaltung dieser regelmäßig. Der transaktionale Führer kümmert sich durchaus um seine Untergebenen und versucht, ihre Motivation sowie ihren Selbstwert zu erhöhen, allerdings immer auf eine Leistungsverbesserung abzielend. So möchte er bewirken, dass Untergebene das Wohl des Unternehmens als Eigeninteresse wahrnehmen und somit aus Eigeninteresse bessere Arbeit leisten.

Führungsstilkategorie 2 – der ermutigende, teilnehmende Führer

Führungsstile der Kategorie 2 machen aus, dass zwischen Führungskraft und Untergebenen weniger Distanz herrscht und das die Führer an deren Entwicklung ihrer Mitarbeiter interessiert sind. Sie präsentieren sich eher als Teil des Teams und nicht als außenstehende, darüberstehende Person. Bei Stilen dieser Kategorie sorgt sich der Führer bis zu einem gewissen Maß um seine Leute und fördert aktiv ihre Qualifikation und Entwicklung. Die Untergebenen nehmen sich als vergleichsweise gleichwertig mit der Führungskraft wahr. Führungsstile der Kategorie 2 werden mit einer höheren Untergebenenmotivation assoziiert.

Beispiel: Partizipativer Führungsstil

Der partizipative Führer macht als Kerneigenschaft den Einbezug der Untergebenen in den Entscheidungsprozess aus. Er fördert das Einbringen von Ideen und lässt Untergebene Entscheidungen selbst treffen. Diese handeln weitgehend autonom und haben großes Vertrauen in ihren Vorgesetzten. Sie sehen diesen als Gleichen unter Gleichen an.

Beispiel: Demokratischer Führungsstil

Der demokratische Führungsstil wird oft als gegensätzlich zum autokratischen Stil wahrgenommen. Wie auch der partizipierende Führer beteiligt der demokratische Führer seine Untergebenen aktiv in den Entscheidungsprozess mit ein. Er geht allerdings einen Schritt weiter, indem er Kritik nicht nur erlaubt, sondern fördert. Außerdem versucht er, nicht nur als Gleicher unter Gleichen wahrgenommen zu werden, sondern eine Kameradschaft zwischen sich und den Untergebenen zu erzeugen.

Führungsstilkategorie 3 – der Spitzenleistung anstrebende Führer

Unter Spitzenleistung anstrebende Führer vermutet man zwar gerne einen sehr bestimmenden, eher autoritären Führungsstil, allerdings erreicht man Spitzenleistung nur, wenn die Arbeitermotivation hoch ist. Zwang bzw. negative Reize können zwar motivieren, allerdings nie so stark wie positive Reize. Wer also Spitzenleistung von seinen Untergebenen erwartet, der versucht durch positive Reize die Motivation zu erhöhen. Dazu gehört, dass die Führungskraft nur wenig Distanz zu seinen Mitarbeitern hat und sich um ihre Bedürfnisse kümmert. Allerdings ist der Zweck des Kümmerns nicht direkt der, dass sich der Mitarbeiter einfach nur besser fühlt, sondern, dass sich dies positiv auf seine Arbeitsmotivation auswirkt. So bezieht der Spitzenleistungen anstrebende Führer seine Untergebenen nicht nur in Entscheidungsprozessen mit ein, sondern er versucht sie von der schlussendlichen Entscheidung zu überzeugen, damit die Entscheidung von allen Beteiligten mitgetragen wird. So identifizieren sich Untergebene mit der Führungskraft und streben die gleichen Ziele an. Dieser fördert darüber hinaus die Kompetenz seiner Mitarbeiter, allerdings weniger die persönliche Entwicklung. Hier erkennt man gut, dass im Mittelpunkt nicht die Mitarbeiterzufriedenheit, sondern die Spitzenleistung liegt. Die Untergebenenzufriedenheit ist zwar ein wichtiger Faktor, um Spitzenleistung zu erreichen, allerdings hört die Förderung der Mitarbeiterentwicklung da auf, wo Maßnahmen nicht an erster Stelle der Arbeitsqualität zugutekommen.

Beispiel: Transformationaler Führungsstil

Der transformationale Führer besitzt eine Vision für seine Gruppe bzw. sein Team. Er hält inspirierende Ansprachen und regt seine Mitarbeiter intellektuell an. Er versucht, seine Untergebenen für seine Vision zu begeistern und beeinflusst diese. So regt er zur beruflichen Weiterentwicklung und Befähigung an. Gleichzeitig hat er hohe Leistungserwartungen an seine Mitarbeiter.

Beispiel: Charismatische Führungsstil

An dieser Stelle muss zuerst betont werden, dass ein charismatischer Führungsstil nicht die beste Führungsweise darstellt, geschweige denn eine effektive. Darüber hinaus ist uns keine Studie bekannt, die belegen konnte, dass Charismatraining für Führungskräfte tatsächlich charismatischer macht.

Der charismatische Führer hat eine strategische Vision für seine Gruppe bzw. Organisation. Er zeigt unkonventionelles Verhalten und versteht sich als Botschafter des Wandels. Er geht sensibel auf die Bedürfnisse seiner Untergebenen ein, die er versucht als Anhänger zu gewinnen. Außerdem weist er eine extravertierte Persönlichkeit auf.

Führungsstilkategorie 4 – der assistierende Führer

Der assistierende Führer kümmert sich besonders intensiv um die Bedürfnisse seiner Untergebenen. Ihm geht es weniger darum, die Ziele der Organisation zu erreichen, sondern dass seine Mitarbeiter ihre persönlichen Ziele erreichen und Selbsterfüllung finden. Entsprechend weist ihr Führungsstil keinerlei Distanz zu den Untergebenen auf. Der Entscheidungsprozess geschieht nicht nur unter Einbindung der Mitarbeiter, sondern die Entscheidungen werden dem Interesse und Wille der Mitarbeiter entsprechend gefällt. Außerdem fördert der assistierende Führer nicht nur die berufliche Weiterentwicklung, sondern auch die private Persönlichkeitsentwicklung.

Beispiel: Authentische Führungsstil

Dem authentischen Führer ist soziale Gerechtigkeit und Gleichheit besonders wichtig. Er handelt moralischen Prinzipien entsprechend und pro-sozial. Er ist zuverlässig, selbstdiszipliniert und verbreitet mit seiner Ausdrucksstärke Optimismus.

Beispiel: Dienender Führungsstil

Der dienende Führer ist eher ein Verwalter als Führer. Er engagiert sich für das Wachstum seiner Untergebenen und besitzt starke spirituelle Werte und Überzeugungen. Er handelt mitarbeiterzentriert und altruistisch.

Führungsstil-Kategorien 5 – der Laissez faire Führungsstil

Die fünfte Führungsstilkategorie besteht nur aus einem Führungsstil, der in keine andere Kategorie gepasst hat. Den sogenannten Laisser-faire-Stil, der übersetzt so viel wie „Lass sie machen“-Stil bedeutet. Bei solchen Führungskräften darf man sich am ehesten fragen, wie sie in leitende Funktion kommen konnten. Laisser-faire-Führer interessieren sich nicht für ihre Mitarbeiter, sie sind ihnen gleichgültig. Entsprechend hegen sie eine große Distanz zu ihren Untergebenen. Der Entscheidungsprozess passiert weitestgehend ohne ihr Mitwirken, die Mitarbeiter entscheiden alleine. Laisser-faire-Führer haben keinerlei Interesse an der Entwicklung ihrer Mitarbeiter und diese sind unter solcher Führung frustriert und unmotiviert.

Literaturverzeichnis

Andersen, J. A. (2006). Leadership, personality and effectiveness. The journal of socio-economics, 35 (6), 1078–1091.

Hassan, H., Asad, S. & Hoshino, Y. (2016). Determinants of leadership style in big five personality dimensions. universal journal of management, 4 (4), 161–179.